[ˌmɑtʃu ˈpiktʃu]

Wer A sagt, muss auch B sagen, wer nach Peru reist, hat eigentlich zwangsläufig auch Machu Picchu im Programm, die alte, sagenumwobene Stadt der Inka, hoch oben in den Bergen. Wer das komplette Programm will, erarbeitet sich den Besuch mit einer vier- bis sechstägigen Wanderung auf dem Inka-Trail. Kostet so 400 – 600 Dollar und beinhaltet Verpflegung und Unterkünfte und Träger die den ganzen Kram über die Berge schleppen weil die Touristen ja mit sich selber schon genug zu tun haben, es geht über drei Pässe von je ca. 4.000m Höhe.

Weil aber grad Regenzeit ist und die Touren mehrmonatige Anmeldefristen haben und ich natürlich nicht so weit im voraus geplant habe, fällt diese Option schon mal flach.

Nach zwei Abenden Recherche finde ich erstens ein lustiges Hostel in Cusco, der Machu Picchu nächstgelegenen grösseren Stadt mit sehr beeindruckender kolonialer Architektur und über dieses Hostel auch eine Tour, die in meine Zeit-/Finanz- und Lustplanung passt. Vier Tage, drei Nächte, ein bisschen Spaß für junge abenteuerlustige Menschen, ein bisschen Wandern und am Ende der Aufstieg zum Berg. Alles inklusive für freundliche 250 Dollar.

Die Gruppe besteht aus zwölf Menschen, natürlich total international. Es geht los am frühen Morgen, der erste Programmpunkt heisst Fahrradfahren. Und zwar bergab, 55 Kilometer auf kurvigsten Strassen, von ca. 4.500m auf 2000m. Wir bekommen mittelmässig gewartete Mountainbikes und mehrere Lagen Schutzkleidung. Und einen Helm. Die Strasse ist gut, es wird ganz schön schnell, rechts oder links, je nach letzter Kurve, führt der Blick tief die Abhänge herunter. Hin und wieder überholt ein Auto oder ein Bus oder ein Vierzigtonner. Freundlich hupen tun alle. Irgendwann fängt es sogar an richtig Spass zu machen, besonders in den Kurven die in der Regel von Schmelzwasser überflutet sind. Hier heisst es Beine hoch und durch. Zum Glück trocknet der Fahrtwind die nassen Hosen ziemlich schnell. Ziemlich schnell und etwas überraschend ist dann auch die Tour nach gut 40 Kilometern zuende, Es gab einen Erdrutsch, die Strasse ist mit einem riesigen Berg Erde verschüttet, der Stau kilometerlang, es gibt kein vor und zurück. Wir laden die Räder auf das Begleitfahrzeug und richten uns auf eine umbestimmte Wartezeit ein. Die ziemlich genau eine Stunde dauert. In Windeseile kommen große Bagger angerückt, die anscheinend vorsichtshalber alle paar Kilometer geparkt sind. Es kommt auch kein Statiker vom Strassenbauamt, der absperrt und längere Untersuchungen anstrengt. Nee. Es wird geräumt, der Pöbel applaudiert und kaum ist eine Spur frei, wird der Verkehr freigegeben. Hat ja schliesslich lang genug gedauert.

Wir beginnen mit dem zweiten Programmpunkt und der heisst laufen. Oder wandern. Es geht bergauf, auf schmalen Pfaden durch den Dschungel, nicht lange, denn die Höhe macht uns Flachländern ziemlich zu schaffen. Das Tagesziel ist der Hof einer Bergbauernfamilie. Es ist großartig. Wir bekommen fantastisches Essen, es gibt kaltes Bier und kalte Duschen, der Bauer spielt traditionelle Weisen auf der Gitarre für uns und ansonsten ist nur der Dschungel zu hören. Und der ist ziemlich laut. Stört uns aber nicht, wir schlafen ja.

Am nächsten Morgen bekommen wir noch einen kleinen Vortrag über dass was die Familie hier so anbaut, unter anderem Kakao und Kaffeebohnen.

Anschliessend geht es weiter, auf dem Inkatrail, weiter bergauf, bergab, der Weg ist selten breiter als ein oder zwei Meter. In der Tourbeschreibung für den Tag steht auch der Programmpunkt Cablecar, Seilbahn, dafür sind 5 Soles bereitzuhalten. Die Seilbahn entpuppt sich als ein Stahlseil was über den Fluß gespannt, ca. 300m lang, in 100m Höhe. Daran hängt ein ein mal zwei Meter großes Gestell in das sich zwei Menschen samt Gepäck zwängen um dann von zwei ca. zwölfjährigen Jungs über den Fluß gezogen zu werden. Die Alternative sind diverse Extrakilometer zu laufen. Was natürlich für niemand von uns eine Alternative ist. Nichtmal für mich, denn erstaunlicherweise ist sämliche Höhenpanik vergangener Jahre, samt dazugehöriger Zickereien passé. Ich hab nicht mal erhöhten Puls. Und wenn dann nur von der Höhe an sich. Eigentlich ist es sogar eine ziemlich lustige Angelegenheit und vor lauter Fotografieren komme ich gar nicht dazu aufgeregt zu sein. Die Seilziehjungs haben sich ein kleines Nebengeschäft aufgebaut und verkaufen auch kalte Getränke. Und sie haben Cusqena Negro, eines der leckersten Schwarzbiere die ich je getrunken habe.

Wenig später erreichen wir den Endpunkt der Wanderung, eine Art Freibad, gespeisst aus einer heissen Quelle direkt aus dem Berg. Wir sitzen zwei Stunden im warmen Wasser und fühlen uns ziemlich schnell ziemlich entspannt.

Der Abend endet überraschenderweise in einer Bar/Club/Disco. Der Besitzer scheint überrascht von soviel Kundschaft mitten in der Woche, so dass er erstmal für eine halbe Stunde verschwindet um dann mit seiner Mutti wieder aufzutauchen, die fortan die Bar schmeisst. Es gibt natürlich Pisco Sour und Bier aus Literflaschen…

Den Programmpunkt des nächsten Vormittags heisst Zip-Line. Man hängt sich in ein Gestell und hakt sich an ein Stahlseil und rast dann dergestalt ein paar hundert Meter über eine Schlucht, in der Hoffnung dass das Material ein bisschen besser gepflegt ist als die Mountainbikes am ersten Tag. Der Sinn erschliesst sich mir nicht also klemme ich mir das und spare 30 Dollar.

Am Nachmittag geht es weiter. Vier Stunden in strömendem Regen, auf Bahngleisen entlang Richtung Aguas Calientes, ein Bergdorf, was durch den Machu-Picchu-Tourismus uferlos wuchert, ziemlich hässlich ist und ausschliesslich aus Restaurants, Hotels und Souvenierständen besteht. Mehr braucht es aber wahrscheinlich auch nicht. Wir verbringen den Rest des Tages mit dem verzweifelten Versuch unsere Sachen zu trocknen und gehen früh zu Bett, denn der nächste Tag beginnt früh. Um halb vier. Um vier brechen wir auf und sind fast die ersten an der Ticketkontrollstation vorm Aufstieg zum Machu Picchu. Es regnet ordentlich was aber auch egal ist, die Sachen vom Vortag  waren sowieso noch nicht trocken. Man könnte natürlich auch mit dem Bus hochfahren aber wir wollen die harte Tour. Anderthalb Stunden bergauf auf unregelmässigen Treppen. Um 6.15 Uhr sind wir oben, pünktlich zur Tour. Der erste Blick über die Anlage ist trotz Regen und Nebel atemraubend. Der Guide verbreitet Thesen über die Entstehung an denen Erich von Däniken seine helle Freude hätte. Fundiertes Wissen über die Entstehung und die Funktion oder auch den tatsächlichen Namen der Anlage gibt es nicht, die Inka waren eine Kultur ohne Schrift und ohne Aufzeichnungen.

Irgendwann hört es auf zu regnen, die Wolken verziehen sich und ich stelle mich für eine Weile in die Sonne. Um mich zu trocknen und meine Kamera, die einiges an Feuchtigkeit abbekommen hat. Irgendwann ist alles Kondenswasser verdunstet und ich laufe ein paar Stunden durch die alten Steine, bin sehr beeindruckt kriege zwischendurch gute drei Dutzend mal eine Kamera in die Hand gedrückt, mit der Bitte ein Bild vom glücklichen Paar vor der tollen Kulisse zu schiessen. Mit der Zeit habe ich den Dreh raus, wie die Leute möglichst wenig stören vor den Bergen und den Ruinen.

Am späten Mittag heisst es Abschied nehmen. Ich kaufe eine Cola für sechs Dollar, lache die Busansteher aus und laufe all die Treppen wieder runter, entspanne noch eine Stunde im Hotel, verstaue die stinkenden Sachen luftdicht, freue mich über das frische, trockene T-Shirt und mache mich auf den Weg zurück nach Cusco.

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